Land der tausend Hügel

Ein Hallo aus dem saubersten Land Afrikas, das auch Land der tausend Hügel genannt wird. Abgesehen von dem bekannten Film „Hotel Ruanda“, wissen die meisten Menschen nur sehr wenig über Ruanda. Und dabei ist Ruanda ein durchaus sehenswertes und wunderbares Land. Der Grenzübertritt von Uganda nach Ruanda bei Katuna war wieder einmal unkompliziert und schnell. Da in Uganda Linksverkehr, in Ruanda aber Rechtsverkehr herrscht, gab es im Grenzstreifen zwischen den beiden Ländern eine babylonische Verwirrung. Auf ruandischer Seite wurden die Pässe und das Carnet de Passage gestempelt (alles kostenfrei für deutsche Staatsbürger) und schon konnten wir weiterfahren. Keine Schlepper, keine Wartezeiten, nur freundliche und hilfsbereite Menschen.  Die knapp einhundert Kilometer bis Kigali gingen auf gut ausgebauten Straßen sehr zügig voran.

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Nach den ersten paar Kilometern in Ruanda fiel uns zuerst auf, dass der Straßenverkehr fast verebbte. Man sah auch plötzlich ausgesprochen wenige weiße Gesichter. Dies bestätigten uns ebenfalls die strahlenden „Hey Mazungu“ Zurufe der Kinder am Straßenrand, für die zwei weiße Gesichter im Auto kein alltäglicher Anblick sein musste. Die Straßen in Ruanda sind teilweise besser als in Deutschland und das ganze Land glänzt vor Sauberkeit – da kann noch nicht einmal die Schweiz mithalten. Das mag daran liegen,  dass es verboten ist, Plastiktüten in das Land einzuführen, zu verkaufen oder zu benutzen. Des Weiteren gibt es empfindlich hohe Strafen für achtloses Wegwerfen von Müll. An Samstagen sind die eh nicht sehr stark befahrenen Straßen komplett leer, da alle Bürger „Community Work“ beitreiben müssen. Das heißt alle, sogar der Präsident, müssen Straßen und Umfeld reinigen, reparieren oder Ordnung schaffen.

Mittags waren wir schon in Kigali, der Hauptstadt, oder besser gesagt, dem Hauptdorf von Ruanda. Wie alles in diesem Land, liegt auch diese Stadt auf tausend Hügeln. Klein, überschaubar sowie unglaublich sauber und organisiert. Alle Ampeln funktionieren, alle halten sich an die Straßenregeln und alle Motorradfahrer tragen Helm (das ist sehr ungewöhnlich für Afrika).
Wir haben im „One Love Club and Camping“ (GPS Koordinaten S1 56.904 E30 04.501) übernachtet. Laut unseren Informationen, die einzige Campsite in Kigali. Doch leider ist diese nicht für Overlander geeignet, da die Campsite nicht mit dem Fahrzeug zu erreichen ist. Deshalb mussten wir die Nacht auf dem Parkplatz vor der Campsite verbringen, was nicht sehr angenehm war. Dafür gab es nach drei Wochen mal wieder Internet und wir konnten uns im Schnellspurt updaten.

Um die Permit für das Gorilla-Tracking zu bekommen (zu schmerzhaften Preisen von 500 US Dollar pro Person – und ab Juni 2012 sogar 750 US Dollar!), haben wir das ORTPN Office (Gorilla Track Pass) in Kigali aufgesucht. Das ORTPN Office war umgezogen und nicht mehr unter folgenden Koordinaten zu finden (S1 30.089 E29 37.987). Die neue Adresse, die noch nicht auf der Homepage steht, ist: ORTPN Office im Gebäude des Rwanda Development Board (RDB) Kigali, Rwanda (GPS Koordinaten S1 57.148 E30 06.175). Dort bekamen wir leider nur ein Permit für den 22. Februar, da für die nächsten Wochen alles ausgebucht war. Wir dachten uns, das zweite Permit bestimmt vor Ort zu bekommen – dem war dann auch so.

Sobald wir das Permit in der Tasche hatten, fuhren wir Richtung Westen zum Lake Kivu. Belohnt wurden wir, nach der ganzen Sucherei in Kigali, mit einer landschaftlich wunderschönen Strecke auf allerbesten Straßen. Wir haben beim Hotel Holiday (GPS Koordinaten S2 03.260 E29 20.835) in Kibuye einen brillanten Platz direkt am See bekommen. Zwar ist es nicht wirklich billig (wie alles in Ruanda), aber die schöne Atmosphäre, die sauberen Duschen und der Platz ganz alleine unten im Hotelgarten am See, haben den Preis gerechtfertigt. Leider überraschte uns hier der erste Regen seit Italien. Nach zwei Nächten ging es bei strömendem Regen Richtung Gisenyi, das ganz im Norden des Kivu Sees direkt an der Grenze zur demokratischen Republik Kongo liegt. Immer entlang des Sees auf einer abenteuerlichen Off-Road Strecke ging es durch wolkenverhangene Berge, über Flussläufe und durch tiefe Täler. Wir haben die knapp einhundert Kilometer in ganzen vier Stunden geschafft und südlich von Gisenyi im Paradise Malahide Cottages and Campsite (GPS Koordinaten S1 44.028 E29 16.391) einen netten Platz für die Nacht gefunden. Camping war hier leider wieder nur auf dem Parkplatz vor der Lodge möglich, jedoch war dieser etwas netter gelegen. Das Hotel lag direkt am See und bot abends eine nette Atmosphäre mit Lagerfeuer beim Abendessen. Von Ginseny ging es am nächsten Tag über Ruhengeri und Kinigi zum Volcanoes National Park. Dort fanden wir einen Standplatz beim Kinigi Guest House (GPS Koordinaten S1 25.956 E29 35.906) nur 300 Meter vom Volcanoes Park Headquarters (GPS Koordinaten S1 25.941 E29 35.687). Beim Volcanoes Park Headquarter gehen jeden Morgen die Touren zum Gorilla Tracking los.
Da wir in Kigali nur ein Ticket für das Gorilla Tracking bekommen konnten, sind wir an zwei aufeinanderfolgenden Tagen losgezogen – und wir hatten Glück ein zweites Ticket wurde frei. Die Bergtour an sich war bereits atemberaubend. Aber Angesicht zu Angesicht mit einem Silverback (Gorilla-Familienoberhaupt) zu stehen und inmitten der spielenden Berggorilla-Familie zu verweilen ist ein unvergessliches Erlebnis.

Am kommenden Tag haben wir uns wieder auf den Weg von  Kinigi nach Kigali gemacht. Da die Entfernung sehr nah gewesen wäre beschlossen wir, einen kleinen Umweg über die nördlichen Seen Bulera und Ruhondo und weiter nach Bururea zu machen. Anfangs sah alles genial aus: eine traumhafte Strecke, die relativ gut zu befahren war. Jedoch wurden die Straßen immer enger bis diese letztendlich in einspurige Wege mündeten. Inmitten einer wunderschönen Landschaft, zwischen Bananenstauden und grandiosen Bergen und Tälern, begann es dann auch noch zu regnen. In Strömen kam das Nass von oben und verwandelte die schmalen Erdwege zu reinsten Rutschbahnen. In diesem Moment zahlten sich unsere MT-Reifen von BF Goodrich voll aus. Wir konnten es fast nicht glauben, aber unser GPS bestätigte immer noch  den richtigen Weg. Weiter ging es über immer enger werdende Brücken, die meist nur aus ein paar Baumstämmen bestanden. Leider verpassten wir irgendwann unwissentlich eine Abzweigung und standen auf einmal vor einer nicht sehr vertrauensvoll aussehenden Brücke, die der Belastung unseres Autos niemals standgehalten hätte. Kurzerhand beschlossen wir mutig direkt durch den kleinen Bach zu fahren. Leider kamen wir nicht weit – unser Toyota steckte plötzlich einen guten Meter tief im Schlamm fest. Nichts ging mehr, keinen Millimeter, weder vor noch zurück. Und da standen wir nun mitten im Bach, keine Menschenseele weit und breit, nur von Natur umgeben. Aber wie das in Afrika immer so ist, man steht nicht lange alleine. Aus dem Nirgendwo erschienen plötzlich Menschen – einer nach dem anderen. In unserem Fall waren es zuerst etwa 50 Personen, die sofort mit anpackten und zu graben begannen, sowie Steine anschleppten. Doch leider steckte der Toyota wirklich unglücklich fest, da sich nach drei Stunden intensivem Ausbuddeln und Hochliften immer noch kein Erfolg einstellte. Wir sahen nur noch eine Lösung – wir benötigen ein anderes Fahrzeug, das uns aus dem Schlamm ziehen konnte. Da der nächste Ort mit motorisierten Fahrzeugen ca. 15 km entfernt war, zog Viktoria auf dem Rücksitz eines Fahrrads los um Hilfe zu holen. Über Berg und Tal erreichte sie den Ort erst gegen 16:30 h und musste wegen der bald einbrechenden Dunkelheit schnell reagieren. Jedoch nichts geht schnell in Afrika. Keiner wollte die unwegsame Strecke fahren. Eine hinzugekommene Nonne hatte die Idee zu den chinesischen Straßenarbeitern zu fahren, da diese die nötigen Fahrzeuge bzw. Geräte hatten. Die Chinesen lächelten auch ganz nett und versprachen sogleich ein Fahrzeug mit einer Seilwinde zu organisieren. Jedoch über eine Stunde verging, es wurde immer später und später und es bewegte sich gar nichts. Als es bereits stockdunkel war, fand Viktoria doch noch einen Ruander, der bereit war zu helfen und die unwegsame Strecke zu fahren um den Toyota aus dem Schlamm zu ziehen.

Währenddessen hatte Julian mit den freiwilligen Helfern weitergebuddelt. Wie sich nach und nach herausstellte saß der Toyota vor allem in der Mitte auf, deshalb drehten die Räder durch aufgrund des fehlenden Gewichtes. Nach über drei Stunden Graben und Steine unterlegen, war die „Hilfsmanschaft“ nach und nach auf etwa 200 Menschen angewachsen. Mit High-Lift, Seilen und Schaufeln wurde die weiteren zwei Stunden im Flussbett geschuftet. Und dann war es nach fünf Stunden intensivem Vorbereiten endlich soweit – einmal kräftig Gas gegeben und der Toyota war wieder frei.  Es begann schon zu dämmern, deshalb ging es so schnell es die Wege zuließen Viktoria hinterher. Aber schon nach einigen hundert Metern war wieder Schluss. Der Weg wurde so eng, dass der Landcruiser nicht durchkam. Links ging es steil den Berg hinauf und rechts war eine senkrechte Böschung von über 1,5 Metern, bei der der Landcruiser drohte komplett hinunterzurutschen.
Als Europäer würde man umdrehen und etwas Anderes versuchen, nicht so bei unserer ruandischer „Hilfsmannschaft“. Ohne lange zu fackeln begannen die Einheimischen Eukalyptusbäume zu fällen und eine provisorische Brücke zu bauen. Kaum zu glauben, dass bereits nach einer halben Stunde die Konstruktion fertig war. Und noch weniger nachzuvollziehen, dass diese beim Darüberfahren hielt. Danach ging es runter über die Böschung, durch ein Maisfeld, über einen kleinen Bach und wieder steil den Berg hinauf auf die andere Seite des Tals. Mit Vierradantrieb und Diff-Lock ging es wie Butter querfeldein und weiter nach Bururea, wo in der Dunkelheit Viktoria wieder an Board genommen wurde. Sie hatte den Landcruiser zufällig jedoch sehr erleichtert stehen sehen, da sie ja eigentlich auf dem Weg zur Rettung war.

Nach dem Schrecken ging es trotzdem an demselben Abend weiter nach Kigali, obwohl wir es uns aus Sicherheitsgründen zum Grundsatz gemacht haben, in Afrika nachts nicht zu fahren. Allerdings in Ruanda machten wir eine Ausnahme, da das Land sehr sicher ist und die Straßen zur Hauptstadt gut ausgebaut sind. Sehr erleichtert und komplett erledigt kamen wir gegen 21:00 Uhr im Discover Rwanda Youth Hostel (GPS Koordinaten: S 1° 57.044 | E 30° 05.592) an. Mittlerweile hatten wir herausgefunden, dass es doch noch eine zweite Campsite gibt in Kigali. Am nächsten Morgen befreiten wir zuerst unseren Toyota von den Schlammresten. Diese klebten überall in dicken Schichten – nicht nur außen sondern auch innen. Nachmittags besuchten wir das Genozide Memorial Center. Es waren grausame Bilder und Berichte und obwohl wir die Geschichte von Ruanda kannten, hat uns der Besuch sehr bedrückt. Da wir die Menschen jetzt kennengelernt haben ist es umso unfassbarer für uns, dass so ein Gemetzel in einem Land möglich ist. Wir verstanden aber nun besser, warum die Menschen jetzt so sehr zusammenhalten und alles verhindern damit solche Gräueltaten in Ruanda nie wieder passieren können.

Am nächsten Morgen ging es zur Grenze von Tansania, die wir wieder sehr unkompliziert passierten.

Uns hat Ruanda als Reiseland sehr gut gefallen. Die sattgrüne, blühende Natur inmitten von 1000 Hügeln ist eine reine Augenweide. Die Menschen arbeiten wirklich hart, wirkten auf uns jedoch sehr zufrieden und fröhlich. Uns gegenüber waren sie sehr freundlich, respektvoll und vor allem sehr hilfsbereit. Wir haben uns überall sicher gefühlt, deshalb können wir Ruanda als Reiseland wirklich nur empfehlen.

Unsere Highlights:

  • Der schöne Lake Kivu bei den Ortschaften Kibuye und Gisenyi
  • Ganz nah zu sein bei den Berggorillas
  • Die schöne Bergtour im Park des Volcanoes
  • Die beeindruckende Sauberkeit des Landes
  • Die wunderschöne sattgrüne blühende Natur
  • Die fröhlichen, sehr freundlichen und ausgesprochen hilfsbereiten Menschen
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